„Der Notarzt-Skandal von Chemnitz“

Warum waren nur zwei von sonst üblichen vier Notärzten im Dienst, als Dirk Clausnitzer (40) innerlich verblutete? Der Rettungsdienst gibt Krankenkassen und Hausbesuchsdienst die Schuld.

Laut Sächsischem Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetz sind die Kassen für die Sicherstellung ausreichender Notärzte verantwortlich. Deren Arbeitsgemeinschaft zur Notärztlichen Versorgung (ARGE NÄV) mit Sitz in Dresden war für eine Stellungnahme allerdings nicht erreichbar. Dafür spricht der Geschäftsführer des Chemnitzer Rettungszweckverbands, Gert Berger (46): „Die Mehrzahl der Notärzte wird sich am 23. Dezember wohl gedacht haben: Nee, da mach ich Weihnachten.“ Denn zum Notdienst verpflichtet werden können die Ärzte laut Gesetz nicht.

Ordnungsbürgermeister Berthold Brehm (56) stellt sich als Vorsitzender hinter seinen Rettungszweckverband: „Dem Disponenten am Telefon ist kein Vorwurf zu machen.“ Denn der von diesem telefonisch „diagnostizierte“ Hexenschuss sei nun einmal kein erkennbarer Notfall.

Diesen bei Patient Dirk Clausnitzer nicht erkannt zu haben, dafür gibt Brehm dem Hausbesuchsdienst die Schuld: „Zunehmend wird bei Nicht-Notfällen die ‚112‘ angerufen, weil die Ärzte der ‚19292‘ bis zu drei Stunden brauchen, bis sie beim Patienten eintreffen. Das ist ein Problem.“ An besagtem Tag registrierte die Rettungsleitstelle „112“ übrigens 109 Notrufe – ein Drittel mehr als sonst. Clausnitzers Nachbarin: „Der Mann am Telefon klang sehr überlastet, als ich anrief.“