Hamburg – Der Notruf 112 wird revolutioniert. Mit einem neuen Abfrage-System will die Feuerwehr künftig die Anrufe der Bürger noch professioneller auswerten. Rettung und Hilfe soll punktgenauer eintreffen. Das ist die gute Nachricht. Doch es gibt auch eine schlechte. Künftig soll auch handfest gespart werden, denn die Krankenkassen, die bis zu 600 Euro pro Einsatz zahlen, machen massiv Druck. Und die Kassen fordern von der Feuerwehr knallhart, weniger Einsätze zu fahren.

Etwa 700000 Notrufe gehen jährlich bei „112“ ein. Was die Feuerwehrleute dort dann bei jedem einzelnen Notruf unternahmen, hing vor allem von persönlicher Erfahrung und Einschätzung der Männer an der 112-Leitung ab. Seit einigen Monaten wird das System „Standardisiertes medizinisches Abfrage-Protokoll“ (SMAP) erprobt. Es wird in den USA bereits seit Jahren angewandt. Der Disponent in der Notrufzentrale muss sich daran halten, ein Abweichen ist nicht möglich. Nacheinander muss der Beamte im Computer abhaken: Alter und Geschlecht des Patienten. Bewusstseinslage. Atemfunktion. Hauptbeschwerde anhand einer vorgegebenen Liste mit 33 Positionen. Alles wird penibel protokolliert. In kritischen Fällen hält der Feuerwehr-Mann in der Zentrale den telefonischen Kontakt zum Anrufer bis zum Eintreffen von Rettungs – oder Notarztwagen. Es hat schon mehrere Fälle gegeben, wo so dem Anrufer per Telefon Anweisungen zur Wiederbelebung gegeben wurden.

Klingt alles sehr positiv. Doch durch diese Professionalisierung soll natürlich auch erreicht werden, dass es weniger teure Rettungswageneinsätze gibt. Nur leicht Erkrankte oder Verletzte, die bisher immer damit rechnen konnten, dass sofort ein Rettungswagen erscheint, sollen dazu gebracht werden, sich an ihren Hausarzt oder den Notdienst der kassenärztlichen Vereinigung zu wenden. Hintergrund ist unter anderem die Weigerung der Krankenkassen, Einsätze zu bezahlen, wo die Patienten aufgrund ihrer leichten Beschwerden nicht befördert wurden. Die Feuerwehr möchte für diese „Hilfeleistungen“ aber 152,70 Euro.

Der Streit ist schon vorm Oberverwaltungsgericht gelandet. Die Feuerwehr hofft nun, durch die Protokolle ihres neuen Systems darlegen zu können, dass auch solche Fahrten „Notfall-Einsätze“ sind.